Mit ein wenig ungesicherter Verwegenheit darf behauptet werden, daß das Haus Sandhof älter ist als die Kärntner Landeshauptstadt: Als Klagenfurt während der Ära des Herzogs Bernhard von Spanheim in den Jahren kurz vor 1200 südlich der Glan neu angelegt wurde (bis dahin war die Siedlung nördlich der Glan, am südseitigen Abhang des Spitalberges gelegen), kann an der Stelle des heutigen Schlosses Sandhof ein bereits bestehender Hof angenommen werden. Denn die Kirche St.Georgen am Sandhof wird 1216 erstmals urkundlich genannt, und dieser Umstand schließt zum einen nicht aus, daß sie schon vorher bestand, und zum anderen dürfte sie nicht in die „ leere Landschaft” gebaut, sondern in der Nähe eines bestehenden herrschaftlichen Hofes angelegt worden sein. Die Kirche hatte freilich ihren Beinamen „Sandhof ” noch nicht, sondern hieß „St. Georgen undern Zolperg”, d. l. „unter dem Maria Saaler Berg.”
 
Im „Haus am Sand ” saß zu dieser Zeit, die Fachliteratur läßt diesen Schluß zu, ein Edlinger. Edlinger waren freie Bauern, die gegenüber dem unfreien Volk in verschiedener Weise privilegiert und vielfach zu Diensten verpflichtet waren, die mit der Gerichtsbarkeit zusammenhingen. Allerdings ist der „Burgfrieden” von St. Georgen unter dem Maria Saaler Berg erst im späteren Mittelalter gesichert, und es ist von ihm außer der Erwähnung auch nicht sonst bekannt . Bemerkenswert ist jedoch , daß die Edlingergüter und die auf ihnen liegende Gerichtsbarkeit nicht unbedingt den Bestand einer Burg voraussetzen, sondern daß sie, im besonderen im Raum Klagenfurt, aus einem Hof, einem Edelmannssitz oder einem Schloß und den zugehörigen Ländereien bestanden.
 
 Von dem hochmittelalterlichen  „Haus am Sand ” ist nichts mehr vorhanden. Ab dem 16. Jahrhundert sind Dokumente einer häufig wechselnden Besitzgeschichte erhalten: 1550 gehörte es – noch in seinem mitteralterlichen Bauzustand – einer Familie Lanzinger, später heiratete eine Margarete Lanzinger einen Christof von Haus oder Hauß, deren Sohn Hans das Anwesen erbte. Aus dieser Zeit ist zum ersten Mal der Name „Sandhof ” verbürgt, und zwar konkret aus dem Jahr 1574. Hans von Hauß gilt als Erbauer des nachmittelalterlichen Bestandes; ein rechts neben dem Kapelleneingang angebrachter und noch erhaltener Wappenstein aus dem Jahr 1584 kündet von ihm.
 
Nicht ohne Bedeutung für Klagenfurt und auch für den Sandhof ist, daß in diesem Jahrhundert in Kärnten bemerkenswerte Dinge vor sich gingen: Nachdem die Stadt Klagenfurt 1514 viel erlitten hat und völlig verarmt war, überließ Kaiser Maximilian 1518 die Brandstätte den Vertretern des Adels, die durch „Glück und Tüchtigkeit” durchwegs von ehemaligen Edlingern wie jenen von St. Georgen hervorgegangen waren, und Vertretern der Geistlichkeit. Dieser Vorgang ist in der deutschen Rechtsgeschichte ein Sonderfall; der Kaiser kam solcherart um seine Verpflichtung herum, den steuerpflichtigen Bürgern beim Wiederaufbau materiell unter die Arme zu greifen.
 
Am 31.7.1599 verkaufte die Witwe nach Hans  von Haus, eine Katharina geborene Spiritus von Lind, den Sandhof an den Landschrannen  –  Prokurator Dominikus Häckl , und schon drei Jahre später, am 9.3.1602, verkaufte dieser den Hof an Hans Reinwald zu Rojach weiter. Am 22.6. 1630 schließlich erwarb Gottfried von Schrattenbach, Deutsch – Ordens – Korntur zu Friesach, den Sandhof und begründete 1635 die Deutsch – Ordens – Kommende St.Georgen. 1652 dürfte die Kapelle von einem Andreas von Staudach renoviert worden sein, und1681 hat ein Johann Jakob von Katzianer auf der obersten Altarstufe ein Stifterwappen anbringen lassen. Im Besitz des Ordens oder von weiteren
 
Ordensangehörigen – darunter hervorstehenden Persönlichkeiten wie Guldo Graf von Starhemberg, der als „Retter Wiens vor den Türken” bezeichnet wird – blieb der Sandhof bis in das 20.Jahrhundert. Als Johann Weichard Valvasor, ein Topograph des 17. Jahrhunderts, 1688 das Schloß St. Georgen am Sandhof in Kupfer stach, bezeichnete er es als „Commenda“: Sie liegt im unteren Viertel von Kärnten, nicht gar eine Stund von Clagenfurt, in der Anhöhe; hat ein lustiges Ansehen, und einen schönen Garten. Ist vorzeiten ein Schloß Sandhof genannt, und einem Herrn Reibald gehörig gewesen; anjetzo aber zu einer Commenda des Teutschen Ordens worden. „Vor vier Jahren“, schrieb Valvasor im Jahr 1688, „war der Herr Hans Jacob, Graf Kazianer von Kazenstein, Commendator alida.“
 
Die Besitzer des 17. Jahrhunderts haben das Schloß vergrößert, im 19. Jahrhundert wurde es aus wirtschaftlichen Gründen an Private veräußert. Es wurde von einer Familie Reyer erworben, modernisiert und um einen Zubau im rechten Winkel sowie um einen zweiachsigen Verbindungstrakt zur ehemals freistehenden Kapelle erweitert. Heute ist der Sandhof nach der Revitalisierung durch die Besitzer Dr. Helfried und Ursula Kuess in einem Zustand, wie er während des Gesamten 20. Jahrhunderts nicht so gut war: Es dominiert der einstöckige Bau über dem rechteckigen Grundriß, der im Südwesten eine offene Arkadenloggia aufweist; die achtachsige Fassade stammt aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts, und von den ursprünglich zwei Stufengiebeln ist einer durch den Zubau verdeckt. Der Nordflügel des Hauses, der seit einem Bombentreffer in den Jahren des Zweiten Weltkriegs desolat stand (der Sandhof liegt in der unmittelbaren Nachbarschaft des Klagenfurter Flughafens), ist wiederaufgebaut worden. Aus dem historischen Bestand sind ein überdachtes Majolikamadonnenrelief und ein Doppelwappen über dem Haupteingang erhalten, die bereits erwähnten Wappensteine und Stifterwappen, sowie der bemerkenswerte Altar in der Kapelle St.Elisabeth, die im übrigen einen Dachreiter mit Zwiebelhelm trägt, und andere kunsttopographische Kostbarkeiten.
 
Im Zuge der Revitalisierung kamen die irdischen Reste früherer Bewohner zutage: Im Boden der Kapelle wurden kurz vor Ostern 1992 drei Gräber, wohl von ehemaligen Besitzern, gefunden; sie werden zur Zeit der Drucklegung dieser Schrift von einem Grabungsteam des Kärntner Landesmuseums unter der Leitung von Dr. Franz Glaser untersucht. Die Gebeine eines etwa 180 Zentimeter großen Mannes, einer Frau und vermutlich die eines Kindes belegen zwar erhaltene Aufzeichnungen über Begräbnisse von Angehörigen des Deutschen Ordens, ermöglichen derzeit aber noch keine Identifikation; vor Abschluß der anthropologischen Untersuchungen wird angenommen, daß es sich bei dem männlichen Skelett um das des 1719 begrabenen Barons von Kulmer, Deutsch – Ordensritter von St.Georgen am Sandhof und Friesach, handelt. In den Gräbern, die bereits geplündert worden waren – vermutlich in der Zeit der Franzosenbesatzung am Anfang des 19. Jahrhunderts – wurden außerdem etwa 50 vergoldete Bronzeköpfe, ein seidenes Ordenskreuz von sieben Zentimetern Höhe und Reste von Kordeln gefunden; sie stammen von der Uniform eines Deutschordensritters, die traditionsgemäß aus einem weißen Mantel mit schwarzem Kreuz bestand, und dessen rotem Gilet. Im übrigen wurden bereits 1983 in der unmittelbar benachbarten Kirche St.Georgen Gräber von Rittern des Deutschen Ordens gefunden.
 
Das ehemalige „Haus am Sand“ ist derzeit ein Hotel mit exklusivem Charakter. Seine historische Baumasse ist solcherart nicht nur der Öffentlichkeit zugänglich, sie ist auch für die nächsten Jahrzehnte in Ihrem Bestand gesichert.
Mit 1. April 2010 übernimmt Kurt Georg Unzeitig und startet mit 17. Mai den Hotelbetrieb.


Robert Gratzer

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